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Thema: Chrom ab wann?

Moin in die Runde,
ich habe mal eine allgemeine Frage zu Chrom an alten Autos.
Ich habe ja einen AC4 Torpedo von 1929. und habe damals Teile Verchromen lassen.
Als ich es fertig hatte, habe ich gehört, das es Chrom erst ab ca. 1932 an Autos gab.

Bis dahin wurde vernickelt oder verkupfert, bzw. in Messing gefertigt.

Weiß jemand etwas mehr darüber?
Gruß aus Hamburg, Rainer

2 Zuletzt bearbeitet von Martin Rohmann (22.07.2021 13:19)

Re: Chrom ab wann?

Die erste belegte galvanische Vergoldung fand 1805 durch einen Schüler Voltas statt. 1840 erhielt der englische Unternehmer George Richards Elkington ein Patent auf ein Verfahren zum galvanischen Versilbern mit cyanidhaltigen Lösungen. In der mit seinem Cousin gegründeten Firma nutzte er das Verfahren. Sie beschäftigte 1865, als Elkington starb, fast tausend Arbeiter und galt damals als führender Galvanikbetrieb. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden lebensgroße Statuen wie Reiterstandbilder galvanoplastisch hergestellt, beispielsweise auch die bekannte Statue des Großen Kurfürsten in Berlin, die nach Entwürfen von Andreas Schlüter entstand.

Mit der Entwicklung des aluminothermischen Verfahrens zur Chromherstellung durch H. Goldschmidt im Jahre 1898 begann der Siegeszug des Chroms als Stahlveredler. Aber auch die elektrolytische Abscheidung des Chroms machte um diese Zeit Fortschritte.

So meldeten Placet und Bonnet 1890 ihre Patente an, die sich auf die Abscheidung aus dreiwertigen Lösungen bezogen. Ihre Patente von 1891 betrafen aber auch die Abscheidung aus Chromsäurelösungen.

Die erste Autofirma, die Chromzierrat als Desingnelemente im Serienbau an Fahrzeugen einsetzte, war die Ford Motor Company - und zwar in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Als erstes Serienauto mit Chrom, gilt daher der "Ford A", der von 1928 bis 1931 produziert wurde.

Es ist allerdings durchaus möglich, dass es ältere Fahrzeuge mit Chromzier gibt.

In den 20er Jahren war es absolut üblich, dass ein Käufer einen Wagen nur mit Chassis und Motor erwarb und ihn dann zu einem Carossier zum "Einkleiden" gab, der entweder eine Blechkleid nach eigenen Entwürfen darauf baute, oder eine Karosserie total nach Kundenwünschen fertigte.

Bekannte deutsche Firmen waren z. B. "Erdmann und Rossi" in Berlin oder "Gläser" in Dresden.

In Frankreich waren das (die folgende Liste ist vollständig!)



Ansart et Teisseire (A.E.A.T.) - muss ich nicht viel zu sagen...

Anet (hauptsächlich für "Talbot-Lago"),

Antem (1919–1955; Kleinserien (Ariès, La Licorne), Sonderkarosserien (Bentley, Bugatti, Delahaye)

Aubertin (Sonderkarosserien, evtl. Kleinserien (De Dion-Bouton, Georges Irat)

Audinot (1899–1920, danach Ansart-Audineau )

Barou (Sonderkarosserien (1949 Talbot-Lago T26 Grand Sport Coupé, Jaguar XK 120 Coupé)

Bellevallette (1892–1933. Alfred Bellevallette stammte aus eine Dynastie von Kutschenbauern, die 1804 mit Jean Baptiste Belvallette in Boulogne begann. Alfred ist wahrscheinlich der einzige, der Automobilaufbauten fertigte. Sonderkarosserien (Hispano-Suiza, Panhard & Levasseur). Serienfertigung des Personenanhängers für De Dion-Bouton Motordreiräder, Serienkarosserien (De Dion-Bouton). 1925 Übernahme von Mühlbacher.

Binder (ab etwa 1900; Sonderkarosserien bis 1945 (Bugatti, Hispano-Suiza, Rolls-Royce); kleidete einen Bugatti Type 41 Royale ein. Als Binder-Jansen General-Motors-Vertretung bis mindestens 1978.

Bourack & de Costier (in den 1920er und 1930er Jahren aktiv. Sonderkarosserien (Art-Déco) (Bugatti, Voisin)

Brissonneau & Lotz (Sonderkarosserien)

Carrier (Sonderkarosserien)

Chappe et Gessalin (1932–1974; Sonderkarosserien (Delahaye, Talbot), Kleinserien (Renault 4 CV), Kleinserien mit Fiberglas-Karosserien (Alpine, Charles Deutsch/CD, Deutsch-Bonnet/DB, Renault Alpine; 1966–1974 eigener Sportwagen CG)

Chapron (1919–1985; Sonderkarosserien (Bugatti, Delage, Delahaye, Hispano-Suiza, Talbot), Umbauten (Citroën, Citroën SM, Peugeot), Ambulanzen

Chausson (1907–etwa 1960 Industriebetrieb (Kühler). Pkw-Serienkarosserien (Chenard-Walcker, Ford France, Opel, Renault), v.a. aber Nutzfahrzeugaufbauten, Busse und Camper. 1947 Kleinwagenprototyp Chausson CHS. Übernommen von Renault und in Saviem integriert

De Villars (Sonderkarosserien ( hauptsächlich Bugatti, Delage, Delahaye, Unic)

Delaugère (1840–1933; Autobau 1890–1926; Lkw-Bau 1913–1926; Sonderkarosserien; Werkskarosserien (Panhard & Levassor)

Driguet (1836–; Gegründet als Stellmacherei in Saint-Florentin (Yonne). Ab ca. 1900–1936 Karosseriebau in Paris. Sonderkarosserien (Delage, Hispano-Suiza, Panhard & Levassor), danach Nutzfahrzeuge

Dubos (Kleinserien für Talbot-Lago, Sonderkarosserien (Delage, Talbot-Lago, Voisin)

Duchatelet ?

Dugarreau (Sonderkarosserien (Talbot Lago T26S Barchetta)

Dumas (1922–?. Sonderkarosserien von Maurice Dumas (Citroën, Georges Roy, Bugatti) wahrscheinlich bis 1939. Das Unternehmen bestand noch Anfang der 2000er Jahre.)

Duvivier (Sonderkarosserien (Hispano-Suiza)

Faget & Varnet (Sonderkarosseriebau mit Stahlrahmen (Delahaye), 1948–1953)

Felber Frères (ca. 1826–1940 Kutschenbauer, später Felber et Fils. Sonderkarosserien (bekannt sind Hispano-Suiza Cabriolet von 1931)

Fernandez & Darrin (1932–1937; Sonderkarosserien (Bentley, Bugatti, Buick, Delage, Delahaye, Duesenberg, Hispano-Suiza, Isotta Fraschini, Maybach, Mercedes-Benz, Packard, Panhard, Renault, Rolls-Royce, Voisin)

Figoni (1919–1935; Giuseppe Figoni (1894-?) Sonderkarosserien (Alfa Romeo, Bugatti, Cadillac, Delage, Delahaye, Duesenberg, Panhard & Levassor, Renault); Rennwagen (Alfa Romeo 8C 2300 Le Mans 1932; Delahaye 138 Spéciale 48-Stunden Weltrekord 1934)

Figoni & Falaschi (1935–1950er Jahre; Sonderkarosserien (Bugatti, Citroën, Delage, Delahaye, Renault, Rolls-Royce, Simca, Talbot-Lago)

Franay (Kutschenbau, danach Sonderkarosserien (Bentley, Citroën, Delage, Delahaye, Duesenberg, Hispano-Suiza, Packard, Rolls-Royce, Talbot-Lago)

Gangloff (arosserie Gangloff (Colmar): 1919–?; Pkw-Sonderaufbauten bis ca. 1955. Ursprünglich Zweigbetrieb der Carrosserie Georges Gangloff (Genf, Bern, Zürich); Sonderkarosserien und Kleinserien (Bugatti)

Gaston Grümmer (     1924–1939. Hochwertige individuelle Aufbauten für Hispano-Suiza, Lorraine-Dietrich, Panhard und Voisin.)

Heuliez (Sonder- und Serienkarosserien, Ambulanzen, Bestattungsfahrzeuge)

Hibbard & Darrin (1923–1931; Sonderkarosserien (Cadillac, Delage, Duesenberg, Hispano-Suiza, Packard, Rolls-Royce). Vorgänger von Fernandez & Darri)

Labourdette (Sonderkarosserien (Abadal, Bugatti, Citroën, Delage, Delaunay-Belleville, Hispano-Suiza[16], Lancia, Mercedes, Mercedes-Benz, Panhard & Levassor, Peugeot, Renault, Rolls-Royce)

Lagache & Glaszmann (1922–?; Sonderkarosserien; v.a. (Renn-)Sportwagen (Ballot, Bugatti, Chenard-Walcker, Delage, Peugeot). Weymann-Lizenz. André Lagache war Rennfahrer und LM-Sieger 1923)

Langenthal (Schweiz!) (1929–2004. Heute Calag AG. Sonderkarosserien (speziell Cabriolets) 1929–1950 (Delahaye, Hispano-Suiza, Lancia, Hudson, Packard).[15] Übernahm 1930 die Zürcher Gangloff-Niederlassung. Kleinserien Ca. 1947–1950 (Citroën, Lancia). Reisebus- und Nutzfahrzeugaufbauten; Ab 1950 keine Pkw-Carrosserien mehr.

Letourneur et Marchand (Sonderkarosserien (Delage, Packard)

Maron-Pot (1920er Jahre; Sonderkarosserien (Alfa-Romeo, Bugatti, Delahaye, Delage, Mathis)

Million-Guiet (Sonderkarosserien (Hispano-Suiza)

Mühlbacher (Sonderkarosserien (C.G.V., Citroen, Delaunay-Belleville, Renault, Rolls-Royce)

Pourtout Marcel (Sonderkarosserien (Delage, Panhard & Levassor, Peugeot Eclipse und Darl'mat)

Proox Maurice (Sonderkarosserien (Packard)

Saoutchik (Sonderkarosserien (Bentley, Berliet, Bucciali, Bugatti, Cadillac, Delahaye, Delage, Hispano-Suiza, Isotta Fraschini, Mercedes, Mercedes-Benz, Panhard & Levassor, Pegaso, Renault, Rolls-Royce, S.S. Jaguar, Talbot-Lago, Voisin)

Spinnewyn (1920er Jahre; individuelle Aufbauten für Bugatti und Hispano Suiza)

Vanvooren (Sonderkarosserien (Alfa Romeo, Alvis, Bugatti, Cadillac, Delage, Delahaye, Hispano-Suiza, Mercedes-Benz, Rolls-Royce)

Gaston Vinet (1898–?. Sonderkarosserien (Berliet, Bugatti). Spezialist für Wechselaufbauten für Sommer- und Winterbetrieb. G. Vinet war auch Erfinder (abnehmbarer Felgenkranz[46], Bremsen, Achsen[46]) und baute 1911–1914 auch einige Motorflugzeuge.)

Weymann (1923–1930. Produktion in Levallois-Perret. Sonderkarosserien (ohne Zuordnung herstellender Niederlassung: Bugatti inkl. 1 Type 41, Chaigneau-Brasier, Delage, Hotchkiss, Lancia, Martini, Mathis, Panhard, Rochet-Schneider, Steiger, Tatra, Voisin). Serienkarosserien Patent Weymann (Fiat, Voisin, Volvo PV4); Weymann hatte zudem ein System, mit dem Serienkarosserien einfach an Fahrgestelle verschiedener Hersteller angepasst werden konnten. Bekannte Weymann-Lizenznehmer: Gangloff (Schweiz), SIG, Seitz, Van den Plas. Die Karosserien der Le Mans Rennsportwagen Chrysler 75 (1929) und Stutz Black Hawk (1930) entstanden in Frankreich; Bentley verwendete Weymann-Lizenkarosserien von Vanden Plas.)

Wiederkehr (in Colmar; ?–1930; Kutschenbau und Sonderkarosserien (Bugatti, Renault). 1930 von Gangloff (Colmar) übernommen. )

Theoretisch war es - das nötige Kleingeld vorausgesetzt! - absolut jedem Citroen Eigentümer seit spätestens 1920 möglich, bei einem der genannten Carossiers Verschönerungen seines Autos mit Chrom zu ordern. Die Technik war bekannt.

Gruß

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Re: Chrom ab wann?

Moin Martin,
vielen Dank für die Abhandlung.
Ich hatte auch einiges gefunden, aber nichts in der Form.
Teile vom Wagen waren wohl verchromt, aber wann das erfolgte war nicht mehr nachvollziehbar.
Dann hab ich es offensichtlich nicht unbedingt verkehrt gemacht.
Viele Grüße aus Hamburg, Rainer

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Re: Chrom ab wann?

Nein, da hast Du sicher nichts verkehrt gemacht!

Ein weiterer Aspekt ist auch nicht unwichtig: Das Galvanisieren (Verchromen) galt seinerzeit als der beste verfügbare Korrosionsschutz!

Vom Standpunkt des Historikers aus gesehen: Was plausibel und technisch verfügbar war, wurde auch gemacht (d. h. kann es auch gegeben haben) - es sei denn, das Gegenteil kann zweifelsfrei belegt werden.


Gruß